Am Sonntag war nicht immer frei

…und ist ohne 2G jetzt immer frei?

Die Jobcenter sind gegenwärtig zu Impfzentren mutiert. Zwangsläufig kommt, wer eine Arbeit sucht und sich vor Ort beraten lassen möchte, nur mit 2G rein. Ob das für das Arbeiten hilft, ist eine andere Frage mit Blick auf die zahlreichen Impfnebenwirkungen und, verbunden damit, auf die häufigen Krankmeldungen frisch Geimpfter. Arbeit und Gesundheit bedingen sich gegenseitig, zu viel Arbeit macht krank, zu wenig auch. Vor fast zweihundert Jahren riskierte der Arbeiter, die Arbeiterin und auch das arbeitende Kind seine Gesundheit bei einem 14-Stundentag, jetzt geht es um den Körper an sich, mit dem Ja zur Spritze gibt es eher einen Arbeitsplatz.

Ein arbeitsrechtlicher Rückblick von Antje Lüth.

Als eine der ersten arbeiterschützenden Vorschriften wurde 1839 ein Gesetz verabschiedet, welches vorschrieb, dass Kinder unter neun Jahren grundsätzlich nicht arbeiten durften. Um die Umsetzung des Gesetzes zu gewährleisten, wurden 1853 Fabrikinspektionen eingeführt, die 1878 durch eine behördliche Gewerbeaufsicht ersetzt wurden. Ansonsten ging man zunächst davon aus, dass die Vertragsparteien selbst einen jeweils „gerechten“ Vertrag aushandeln würden. In vielen Fällen bemühte sich der Unternehmer mehr oder weniger, den Arbeitern gegenüber Fürsorge walten zu lassen, da auch für ihn einiges auf dem Spiel stand. Denn er benötigte gesunde, zufriedene und arbeitswillige Arbeiter, damit die Fabriken reibungslos funktionieren. Das Vertragsverhältnis basierte jedoch auf asymmetrischen Machtverhältnissen, wodurch der Unternehmer maßgeblich die Rechte und Pflichten bestimmte, denen sich die Arbeiter unterzuordnen hatte. Nichtsdestotrotz drohte die Gefahr von Arbeitskämpfen, weil sich die Arbeiter zunehmend organisierten und gegen die schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen kämpften. Mit einigen Erfolgen. Die Arbeitszeit, die bis Mitte des 19. Jahrhunderts permanent gestiegen war, wurde nun abgesenkt von 80-85 Wochenstunden auf „nur“ 78 Wochenstunden. Zudem wurden erste Gewerkschaften gegründet, die mit den Arbeitgebern verhandelten. Die von den Arbeitern ausgehende Gefahr wurde von Seiten der Regierung deutlich wahrgenommen. Bismarck reagierte darauf mit „Zuckerbrot und Peitsche“. Als „Peitsche“ wurde das Sozialistengesetz verabschiedet, womit der Kampf der Arbeiterbewegung stark behindert wurde. Als „Zuckerbrot“ wurden Sozialgesetze in Kraft gesetzt: 1883 das Krankenversicherungsgesetz, 1884 die Unfallversicherung der Arbeitgeber, für den Fall eines arbeitsbedingten Gesundheitsschades seiner Arbeiter und 1889 das Gesetz zur Alters- und Invaliditätsversicherung[1][2]

Erstmals Recht auf Urlaub

Nach dem Ersten Weltkrieg gelang es, den Acht-Stunden-Arbeitstag und tarifliche Urlaubsregelungen größtenteils durchzusetzen. Zudem wurde 1918 für die Kriegsopfer mit der „Verordnung über Erwerbslosenfürsorge“ [3] eine Unterstützung bewilligt für Menschen, die in Folge des Krieges keine Arbeit finden konnten. 1927 wurde das „Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“ [4]verabschiedet. Damit hatten Arbeiter und Angestellte erstmals einen Rechtsanspruch auf Arbeitslosenunterstützung. 1938 wurde der Achtstundentag mit der Arbeitszeitordnung[5] gesetzlich festgeschrieben, dies wurde jedoch am 1.September 1939 wieder rückgängig gemacht, denn die Produktion v.a. im Rüstungsbetrieb lief auf Hochtouren. 

1939 die Arbeitslosenunterstützung neu definiert und alle arbeitsfähigen und – willigen sowie alle Bedürftigen hatten Anspruch auf eine Unterstützung. Zugleich wurden jedoch Arbeitskämpfe und gewerkschaftliche Arbeit verboten (Verbot wurde nach 1945 wieder aufgehoben). 

Der Sonntag ist frei

Nach dem Zweiten Weltkrieg verbesserten sich die Rechte der Arbeitnehmer in mehrfacher Hinsicht. So sank die Arbeitszeit schrittweise wieder ab, bis sich in den 1960er Jahren die 40-Stunden-Woche und der arbeitsfreie Sonntag durchgesetzt hatte. Zudem wurde das Arbeitslosenrecht 1956 unter Adenauer erneut geändert[6]. Bei Eintritt der Arbeitslosigkeit stand dem Betroffenen unter definierten Voraussetzungen zunächst Anspruch auf die Zahlung eines Arbeitslosengeldes (ALG I) zu, daran anschließend bestand der Anspruch auf unbefristete Zahlung einer Arbeitslosenhilfe. Die Höhe der jeweiligen Zahlung richtete sich prozentual abgestuft nach dem zuvor eingenommenen Nettolohn. Im Jahr 2005 kam es mit der Agenda 2010 zu einschneidenden Veränderungen. Zwar blieb der Anspruch auf ALG I unangetastet, jedoch wurde die Höhe des ALG II („Hartz IV“) pauschalisiert. Als Bemessungsgröße wurde ein soziokulturelles Existenzminimum[7]festgelegt. Die Zahlung ist unbefristet, jedoch an zahlreiche Bedingungen geknüpft. So wird das Vermögen ebenso wie das Einkommen, auch des Partners, mit in die Berechnung einbezogen. Der Betroffene hat dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen und ist verpflichtet, jede Arbeit anzunehmen. Die Bedingungen sind für jeden die gleichen. d.h., wer immer diese Leistungen bezieht, erhält die gleiche Summe, unabhängig von Bildung, Weiterbildung, Tätigkeit, Einkommen[8]

Neue Rechtlosigkeit

Aber nicht nur bei der Unterstützung im Fall von Arbeitslosigkeit hat sich einiges verändert, sondern auch bei der Form der Beschäftigung. Es werden immer mehr befristete Arbeitsverträge abgeschlossen, Leiharbeit, Arbeit in 450-Euro-Jobs und Schwarzarbeit ermöglichen es zudem, Tarifverträge und Kündigungsschutz zu umgehen sowie Sozialabgaben zu sparen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich im Laufe eines Jahrhunderts die Arbeitsbedingungen und die Rechte der angestellt Arbeitenden zunächst kontinuierlich verbessert hatten. Mit der neoliberalen Marktwirtschaft jedoch gewann erneut die gewinnorientierte Betriebswirtschaft die Oberhand gegenüber einer menschenorientierten sozialen Marktwirtschaft. 


[1] Gall, Lothar: Krupp, Der Aufstieg eines Industrieimperiums, Frankfurt am Main 2000
Paul, Johann: Alfred Krupp und die Arbeiterbewegung, 1. Auflage, Düsseldorf 1987

[2] https://www.sozialpolitik.com/fileadmin/user_upload/Material/Materialarchiv/Infoblaetter/Infoblatt_Sozialgeschichte_Bismarck.pdf

[3] http://www.documentarchiv.de/wr/1918/erwerbslosenfuersorge_vo.html

[4] Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. Juli 1927, in: https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/I7IDX4GKMWU33UNBY2MBY6RVAC3V7KQT

[5] Arbeitszeitordnung vom 21.Dezember 1938, in: https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1938&page=625&size=45

[6] Bundesgesetzblatt Teil I 1956, Nr. 17, 16. April 1956, in: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl156017.pdf%27%5D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl156017.pdf%27%5D__1645087045593

[7] https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-hartz-iv-satz-bleibt-zurueck-7546.htm

[8] SGB II, SGB XII